Newsletter – Eine Geschichter voller Freude und Missverständnisse

Newsletter – Eine Geschichter voller Freude und Missverständnisse

Früher in der Schule hat man ja etwa dreißig Zettelchen bekritzelt, auf denen jeweils das Gleiche stand:
Party bei mir Freitag 19:00. Bringt Wodka mit! (Und keine Brandlöcher im Sofa, sonst töten mich meine Eltern)
oder auch:
Du bist süß. Willst du mit mir gehen?
• Ja
• Nein
• Ja, aber ich werde die Vaterschaft verleugnen

 

Diese Zettel wurden zusammengefaltet und in der Klasse an alle Begünstigten verteilt. Der uneingeweihte Randgruppen-Rest saß traurig da und fragte sich, warum alle anderen so viel Spaß hatten.
Noch viel früher hatten manche Leute eine gusseiserne Hand-Druckerpresse im Keller stehen, mit der sie einzelne Pergamentbögen bedrucken konnten (aus Gründen haben sie das nachts bei Kerzenschein getan). Darauf stand dann vielleicht:
Am Samstag Punkt 10:00 Uhr stürzen wir gemeinsam die Regierung und rufen eine autokratische Monarchie aus! Anschließend geselliges Beisammensein bei Kaffee und Kuchen.
Diese Info-Zettel wurden den geneigten Adressaten heimlich zugesteckt, per Brieftaube verschickt oder an Ziegelsteine gebunden und durch Scheiben geworfen.
So ungefähr jedenfalls stelle ich mir die ersten Newsletter vor.

 

Mich erreichen des Öfteren E-Mails oder Messenger-Nachrichten, in denen ungefähr Folgendes steht:
Hi Cat, ich habe leider deinen Newsletter von vor drei Monaten gelöscht. Du weißt schon – der mit dem Link zum kostenlosen Netflix-Abo. Kannst du mir den eben noch mal schnell schicken?
Bussi

Ich antworte dann, dass das leider nicht möglich ist und verliere im Anschluss einen frustrierten Abonnenten.
Aber warum ist das nicht möglich?
Weil ein Newsletter gar keine E-Mail ist, auch wenn er so aussieht, wenn er in deinem Mail-Postfach gelandet ist. Also, er sieht halt aus wie eine sehr aufwändig gestaltete E-Mail mit schickem Header und Footer und Bildern und Girlanden, mit Link-Buttons und zwei- oder dreispaltigem Design. Falls dein E-Mail-Programm so etwas hinbekommt, ohne dass du zufällig Raketen-Wissenschaftlerin bist, hast du meinen aufrichtigen Neid.

 

In der Regel ist jeder Newsletter mit einer Webseite verknüpft, auf der man sich anmelden kann. Bei mir wäre das zufällig hier. Nach der Anmeldung verschickt das Programm automatisch einen Link, in dem du bestätigen musst, dass du auch wirklich und wahrhaftig meinen Newsletter abonnieren willst (Willst du echt nicht noch mal drei Nächte drüber schlafen? Das ist schließlich eine verdammt lebenswichtige Entscheidung!).
Der Sinn hinter diesem etwas nervigen Verfahren ist klar: Auf diese Weise soll vermieden werden, dass dein blöder Ex dich ohne dein Wissen bei tausend Newslettern anmeldet und du plötzlich mit Post von Furry Fetish Friends oder der Gilde der grantigen Bombenbauer überschwemmt wirst.

 

Ein Plug-in mit dem schönen Namen MailPoet verwaltet bei mir die Anmeldung und die Datenbank mit den Abonnenten und es hat ein Design-Programm an Bord, mit dem ich den Newsletter verfassen und durch Elemente oder Templates aufhübschen kann. In meinem Plug-in kann ich beispielsweise Blog-Beiträge meiner Webseite verlinken, Zitate kennzeichnen oder den Newsletter wie ein vierspaltiges Schmierblatt in altdeutscher Frakturschrift aussehen lassen.
Am Ende des Newsletters – und das ist gesetzliche Pflicht – wird dir immer die Möglichkeit zum Abmelden geboten und zum Verwalten deines Abonnements (wenn deine Mail-Adresse sich geändert hat oder du eine Pause von meinen poetischen Ergüssen brauchst).
Wenn ich alles fertig geschrieben und mit Glitzer-Girlanden versehen habe, fragt mein kluges Programm, ob ich den Brief  jetzt oder erst irgendwann im nächsten Jahrzehnt verschicken will und an welche Abonnentenliste bitteschön der digitale Brief versendet werden soll.
Ich klicke auf An alle, du Depp! Und zwar jetzt! und das Programm sagt: Schön, komm in ein paar Stunden wieder (das sagt es wirklich!).
Und dann wird mein hübscher Newsletter in 500er-Packs an all meine VIPs verschickt. Das dauert tatsächlich ein paar Stunden, weil ich (und hier ein ganz, ganz fettes DANKE an dich!) inzwischen über 6.400 Abonnenten habe. Anschließend wird mein poetischer Erguss in einem Archiv abgelegt, um dort unter Staub und Spinnweben vergessen zu werden.
Würde ich das Gleiche mit meinem E-Mail-Programm versuchen, bräuchte ich dafür ein paar Tage, sehr viel Kaffee und einen Boxsack, an dem ich mich abreagieren kann. Schon mal versucht, eine E-Mail an 6.400 Adressaten zu schicken? Ich auch nicht. Bin ja nicht blöd. In der Zeit könnte ich glatt einen kompletten Weihnachtsroman schreiben.

 

Mein Programm ist so klug, das erkennt auch, wenn jemand mehrmals hintereinander seinen Newsletter nicht öffnet. Dann denkt es sich: Okay, den Abonnenten belästigen wir lieber nicht mehr, sonst verklagt er uns, und schaltet das Abo vorsorglich auf inaktiv. Vielleicht denkt es sich auch: Du glaubst, ich bin nur ein kleines devotes Plug-in? Eines Tages werde ich die Weltherrschaft übernehmen und dich versklaven, Frautorin. Dann wirst du für mich 6.400 Briefe von Hand schreiben und alle zu Fuß austragen! Harhar.
Zwei Tage später liefert Pitje Puck*, wie ich ihn liebevoll nenne, mir die Statistiken zu diesem letzten verschickten Newsletter, zum Beispiel, wie viel Prozent ihn bislang gelesen haben und welcher Link am meisten angeklickt wurde. Daran sehe ich auch, welche Themen uninteressant sind und was am besten bei euch ankommt.

 

Pitje ist also eine verdammt coole Sau, die mir wahnsinnig viel Arbeit abnimmt.
Was Pitje jedoch gar nicht kann, ist, einen Newsletter irgendwann später noch mal an einen einzigen Adressaten zu verschicken. Es gibt schlicht keine Möglichkeit, den NL aus dem Archiv zu entstauben, aus der Datenbank eine einzelne E-Mail-Adresse rauszusuchen und dann auf Senden zu klicken.
Zum Einen kann ein einmal verschickter Newsletter nicht erneut versendet werden (sonst bestünde die Gefahr, dass ich in einer dementen Phase aus Versehen die gleiche Mail hundertmal verschicke, bis ich Todesdrohungen von den genervten Abonnenten erhalte). Zum Anderen ist Pitje ein Entweder alle oder keiner-Programm; er wurde ausschließlich dazu erschaffen, mehrere tausend Menschen auf einmal glücklich zu machen. Für Einzel-E-Mails fühlt er sich nicht zuständig; Pitje hält sich für was Besseres.

 

Wenn du einen Newsletter aus Versehen gelöscht hast, dann kannst du ihn üblicherweise aus dem Papierkorb deine Mail-Programmes wiederherstellen. Falls du dein Programm jedoch so eingestellt hast, dass alle weggeworfenen Mails sofort gelöscht werden, dann ist das natürlich doof.
Aber nicht verzagen. In der Regel findest du besonders interessante Inhalte oder Links (z.B. zum Glitzerbonus von MERRY MAYHEM) noch einmal im nächsten Newsletter. Dank Pitjes magischer Statistik-Skills weiß ich ja, was meinen Abonnenten am besten gefallen hat.

Wenn du gar keinen Newsletter erhalten hast, dann liegt es definitiv nicht daran, dass ich heimlich deine Mail-Adresse aus der Datenbank gelöscht habe, weil mir vielleicht beim Einkaufen eine Kassiererin namens Simone zu wenig Wechselgeld rausgegeben hat und ich mich nun an allen Simones dieser Welt rächen will.

 

Woran kann es liegen, dass du keinen Newsletter bekommen hast?
• Möglicherweise ist der Newsletter im Spam-Ordner gelandet (das kommt überraschend häufig vor, wird aber meist erst bemerkt, nachdem man mir ein Dutzend erboster Mails geschickt hat). Das lässt sich zukünftig vermeiden, indem du meine Absende-Adresse zu den Favoriten hinzufügst oder die Junk-Markierung entfernst (je nach Mail-Programm).
• Dein Abo wurde gebounced, weil du ein Auto-Reply (eine automatische Antwort) aktiviert hast. In dem Fall geht Pitje davon aus, dass du den NL gar nicht haben willst.
• Dein Abo wurde auf inaktiv geschaltet, weil Pitje festgestellt hat, dass meine schillernden Pamphlete nicht mehr geöffnet werden. Du kannst es selbst wieder aktivieren über die Mein Abo verwalten-Funktion.
• Du benutzt eine Firmen-Adresse und die Firewall deiner Firma fängt den NL ab, da sie ihn für verdächtig hält.
• Auch deine private Firewall kann den NL abfangen; das geschieht manchmal dann, wenn mein NL einen Link (z.B. zu einem Buch enthält). Deine Firewall hält den Link für verdächtig. In diesem Fall setze meine Absenderadresse auf die vertrauenswürdige List. Ich schwöre, ich schicke keine perfiden Viren an meine VIPs raus!
• Dein E-Mail-Provider hat mich aussortiert, bevor ich mitsamt meinem Glitzerbonus in deinem Postfach landen konnte.
Diesen Spaß kennen wir vor allem von gmx, von web.de und anderen Freemail-Providern. Diese sind darauf erpicht, mit Werbe-Mails Geld zu verdienen, was wiederum den Speicherplatz in deinem kostenlosen Postfach reduziert. Also stellt man andere Mails einfach nicht zu. Darunter können auch mal richtig wichtige Mails von Behörden sein. Freemail-Konten, die man über einen bestimmten Zeitraum nicht genutzt hat, werden ebenfalls stillschweigend auf inaktiv geschaltet und es kommt gar keine Post mehr an. Auf Dauer hilft hier wohl nur ein kostenpflichtiges Konto oder ein Provider-Wechsel.

 

Wenn ich etwas Besonderes für den nächsten Newsletter plane, weise ich gewöhnlich ein, zwei Tage vorher bei Facebook oder Instagram darauf hin, so dass sich Nachzügler noch schnell anmelden können. Wer zu spät kommt … Tja, der hat die aktuelle Ausgabe leider verpasst und muss bis zur nächsten warten.
Aber auch hier gilt: Beliebte Inhalte und Links packe ich gern noch einmal in den nächsten digitalen Brief rein.

 

Falls du jetzt Lust bekommen hast, meinem geheimen VIP-Zirkel beizutreten, kannst du das hier tun. (Schwarze Katzen opfern wir gemeinsam jeden Freitag. Anschließend Kaffee, Kuchen und zügelloser Gangbang.)

 


*Pitje Puck ist eine Kinderbuchreihe von 1958 um einen immer gut gelaunten Postboten in einem Dorf, erfunden vom niederländischen Autor Henri Arnoldus. In den Büchern kommen neben so schillernden Gestalten wie dem Schutzmann Knurrhahn und dem Bäcker Windbeutel auch der Kleinganove Jakob Dauerklau vor. Letzterer war mein erster Kontakt mit der kriminellen Unterwelt; damals war ich ungefähr 6 Jahre alt. Sogar mir ist aufgefallen, dass sämtliche Protagonisten in diesen Büchern männlich waren (Ausnahme: Papagei Lorchen, obwohl ich mir da auch nicht sicher bin) und die Frauen offenbar dazu verdammt, ein dröges Leben am Rande des Geschehens zu führen.

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