Leseprobe – TALES FROM THE NIGHT MARKET

Dan Jacoby

Ich will noch etwas hinzufügen, als ich ein Geräusch höre. Ich trete aus meinem Büro.
Die Hintertür meines Restaurants steht offen, ein Junge – vielleicht siebzehn, achtzehn Jahre alt – macht sich an einer der Kisten zu schaffen, die der Fischlieferant auf dem Edelstahltisch abgestellt hat. Ungläubig sehe ich, wie er einen Hummer in einen Plastiksack stopft. Der Sack sieht voll aus.
»HEY!«, brülle ich und stürme auf den fremden Burschen zu.
Er wirft sich den Sack über die Schulter und rennt lachend nach draußen.
Ich setze ihm nach, die glatten Sohlen meiner rahmengenähten Schuhe quietschen auf den polierten Fliesen. Auf der Straße wartet ein Motorradfahrer, seine Maschine brummt im Leerlauf. Der Dieb springt auf den Sozius, der Fahrer tritt krachend den ersten Gang rein dreht am Gasgriff. Ich hechte vorwärts und erwische einen Jackenzipfel des Jungen, der mir im gleichen Moment entrissen wird, als das Motorrad heulend davonrast. Fast wäre ich vor ein fahrendes Auto gestolpert.
»Ihr dreckigen Kanaillen!«, brülle ich ihnen hinterher. Der junge Dieb dreht sich um und zeigt mir den Mittelfinger. Der Sack mit den Hummern baumelt gefährlich nah am heißen Auspuff des Gefährts.
Fassungslos starre ich ihnen hinterher. Ich kann nicht glauben, was gerade geschehen ist. Wissen diese dreckigen Diebe nicht, wer ich bin?
Kochend vor Wut stampfe ich zurück zum Personaleingang und werfe die Tür hinter mir zu.
Mein Sous Chef weicht vorsichtshalber einen Schritt zurück. »Es tut mir leid, aber sämtliche Hummer sind weg.« Er hebt die leere Plastikkiste an, als wäre ich blind. »Er hat sie alle mitgenommen. Das ganze Dutzend!«
»FUCK!« Ich reiße ihm die Kiste aus der Hand und schleudere sie gegen die geflieste Wand. »Ich brauche diese Hummer!«
»Ich fahre schnell zum Feinkostladen und besorge neue …«
»Nein!« Eilig überprüfe ich die anderen Kisten mit den Muscheln und Fischen auf Eis. »Ich will meine Hummer zurückhaben. Das waren zwölf Prachtexemplare! So etwas bekommen wir nicht im Laden um die Ecke. Wer zum Henker klaut Hummer?«
»Jemand, der eine Hummersuppe kochen will?«, schlägt der Sous Chef vorsichtig vor.
Ich knalle ihm die Faust gegen das Kinn und seine Zähne schlagen hörbar aufeinander. Es ist ein wohldosierter, regelrecht sanfter Hieb, aber er brüllt los, als wäre er von einer Lanze aufgespießt worden, und taumelt theatralisch gegen den Tisch, woraufhin er noch mal aufschreit. Was für eine Mimose.
»Ich kündige!«, stößt er hervor.
»Tust du nicht, weil ich sonst dafür sorgen werde, dass dich nicht mal mehr eine viertklassige Frittenbude einstellen wird.«
Ich kann gar nicht zählen, wie er oft schon mit Kündigung gedroht hat. Im Gegensatz zu ihm mache ich jedoch meine Drohungen wahr und das weiß er nur zu gut. Außerdem verdient er bei mir mehr als bei der Konkurrenz.
»Was machen wir jetzt?«, fragt er.
»Ich weiß es nicht«, zische ich. »Das ist eine verfluchte Katastrophe! So kurzfristig kann ich die Speisekarte nicht umwerfen. Ich will wissen, wer dahintersteckt.«
Der Sous Chef wischt sich Blut vom Unterkiefer und nuschelt: »Vielleicht wurden diese Diebesratten von Willem hergeschickt.«
Willem: Inhaber des Fra Diavolo und mein größter Konkurrent. Wenn ich ein Menü mit Goldbrasse ankündige, kauft er bei den besten Fischhändlern den gesamten Bestand auf. Wenn ich ein neues Champagner-Sabayon mit geschmortem Rhabarber serviere, schickt er seine Spione ins Restaurant, um meinen Mitarbeitern das Geheimnis zu entlocken. Wir haben Fotos von ihnen in der Küche aufgehängt und der Empfangschef ist strikt angewiesen, sie zu erschießen. Tut er natürlich nicht. Er schickt sie bloß höflich fort.
Ich schüttle den Kopf. »Das ist nicht Willems Stil.«
»Der Junge sah auch eher aus wie eine Straßenratte«, sagt der Sous Chef und bewegt vorsichtig seinen Kiefer hin und her. »Er wird die Hummer zum Night Market bringen, möchte ich wetten.«
»Wie bitte?«
»Diese Straßendiebe klauen auf Bestellung. Jemand schickt sie aus, um bestimmte Dinge zu besorgen und abends werden sie auf dem Night Market verhökert.«
»Du machst Witze.«
»Oder sie landen dort im Wok eines Straßenkochs.«
»Meine wunderschönen Hummer? Bei einem schmierigen Streetfood-Panscher?«
»Auf dem Market soll es jede Menge Stände geben, wo man günstig essen kann. Fischsuppe, kreolischer Reis mit Hähnchen und komische afrikanische Eintöpfe.« Er presst ein Taschentuch gegen die Platzwunde am Kinn. »Vermutlich landet auch die eine oder Stadttaube in den Kochtöpfen.«
»Das ist ja widerlich!«
Bei der Vorstellung, wie meine wunderschönen Hummer in einem zerbeulten Kochtopf mit ranzigem Öl und billigen Hartweizennudeln landen, um zu einer geschmacklosen Suppe verkocht zu werden, brodelt es in meinen Adern.
Jeder in Steenport kennt den Night Market zumindest vom Hörensagen. Ich weiß lediglich, dass er sich außerhalb der Stadtgrenzen hinter einem Waldgürtel auf dem Areal eines stillgelegten Stahlwerkes befindet. Kriminelle und Illegale leben dort, verkaufen Diebesgut, Waffen, Frauen oder lassen sich für Drecksarbeit anheuern. Bisher haben mich die Gerüchte um diesen gefährlichen Ort herzlich wenig interessiert. Mit der Unterwelt habe ich schon vor langer Zeit abgeschlossen – oder sie mit mir, je nach Sichtweise.
»Du willst mir also sagen, dass jemand vom Night Market diese dreckigen Jungs hergeschickt hat, um ausgerechnet meine Hummer zu klauen. Wissen die denn nicht, wer ich bin?«
»Das dürfte ihnen egal sein«, murmelt der Sous Chef. »Aber sie haben wahrscheinlich erfahren, dass du immer nur die hochwertigsten Lebensmittel verwendest.«
»Die hatten es gezielt auf mich abgesehen?« Ich kann es nicht fassen. »Okay, ich hole mir meine Hummer zurück. Aber vorher werde ich diesen Halbstarken eine Lektion erteilen, die sie so schnell nicht wieder vergessen!«
»Äh, wir sollten lieber die Polizei …«
»Denkst du ernstlich, dass die wegen zwölf Hummern einen Streifenwagen da raus schicken und sich mit einer Rotte Verbrecher anlegen?«
Sogar ich habe mitbekommen, dass die Steenporter Obrigkeit den Kampf gegen den Night Market spätestens dann aufgegeben hat, als eine Räumung des Areals in einen brutalen Guerillakrieg ausgeartet war. Kurze Zeit später hat ein geheimnisvoller Investor das Gelände gekauft, angeblich um dort einen Industriepark zu errichten. Die Pläne wurden nie umgesetzt, der Night Market besteht weiter und die Behörden tun so, als ginge sie das Ganze nichts mehr an. Es würde mich nicht wundern, wenn es sich bei dem sogenannten Investor um die hiesige kriminelle Organisation handelt, die die Hafenstadt aus den Schatten heraus regiert. Einer der Bosse ist öfter im Marijn zu Gast, was bei meinen Angestellten regelmäßig zu akuter Nervosität führt. Mich macht es lediglich wütend. Ich will keine Gangster in meinem Haus haben.
Und niemand hat das Recht, mir meine Hummer zu klauen!
Ich hole meine Lederjacke und die Autoschlüssel aus meinem Büro. »In zwei Stunden bin ich wieder zurück. Du übernimmt die Vorbereitungen. Der Sommelier kommt heute eine Stunde eher. Achte darauf, dass der Krustentierjus nicht zu viel Ingwer bekommt und wehe, du versaust das Fenchelpüree!«
Es widerstrebt mir zutiefst, mein Restaurant im Stich zu lassen. Das Marijn ist der Mittelpunkt meines neuen Lebens. Der Beweis, dass ich zu mehr fähig bin als nur zu zerstören. Kochen bedeutet für mich, ein Kunstwerk zu erschaffen. Ein vergängliches zwar, aber eines, das Leib und Seele befriedigt. Mein gesamtes Dasein spielt sich zwischen Küche, Fischmarkt, regionalen Biohöfen, dem Kampfsportcenter und meiner kargen Wohnung im Obergeschoss des Marijn ab. Mehr brauche ich nicht.
Mehr wäre zu gefährlich.
»Aber wenn jemand nach Ihnen fragt …«, setzt mein Sous Chef an.
»Dann sag, dass ich dringende Besorgungen mache. Auf keinen Fall erzählst du jemandem von dem Scheiß mit den Hummern, verstanden?«
Wenn sich das herumspräche … Ich will nicht darüber nachdenken. Und erst recht darf niemand erfahren, dass ich in Begriff bin, mich unter Gesetzlose zu begeben. Dan Jacoby hat erstens einen tadellosen Ruf, zweitens will ich vermeiden, dass jemand anfängt, in meiner Vergangenheit herumzustochern und feststellt, dass ich gar keine habe.
Kaum lenke ich meinen Tesla aus der Seitenstraße und am Opernhaus vorbei, erfasst mich Beklemmung. Mein Brustkorb ist wie zusammengeschnürt, mein Herzschlag beschleunigt sich. In letzter Zeit überfällt mich dieses Gefühl immer öfter. Die ruhigen Zeiten, die ich anfangs so genossen habe, machen mich zunehmend nervöser. An manchen Tagen wünsche ich mir geradezu, dass endlich etwas passiert. Aber alles bleibt friedlich, abgesehen von meiner Stimmung, unter der meine Angestellten zu leiden haben.
Der Tesla schnurrt lautlos durch das beeindruckende Zentrum von Steenport mit der großkotzigen Konzerthalle, vorbei am historischen Hafen und den prächtigen Kaufmannshäusern. Kaum habe ich die Napoleonische Brücke passiert, wird die Gegend unansehnlicher. Links erstrecken sich die Ausläufer des Frachthafens, rechts reihen sich Häuserblöcke aneinander. Ich kenne die Stadt nicht sehr gut und das soll auch so bleiben. Steenport besteht aus zwei Welten – mich interessiert nur die helle, die sichtbare Seite.

Als dieser attraktive und äußerst smarte blonde Mann damals zum ersten Mal mein Restaurant, das Marijn, betrat und mein Empfangschef mir tonlos zuflüsterte: »Das ist Jules Batiste«, da hätte ich am liebsten laut aufgestöhnt.
Sogar ich kannte den Namen. Den Gerüchten zufolge war er entweder ein charmanter Frauenheld oder ein mörderischer Psychopath. Gemeinsam mit einem anderen Mann stand er einem Verbrechersyndikat vor. Die Löwen, Schakale …? Die Wölfe! So hießen sie: die Wölfe von Steenport.
»Sag ihm, dass wir keinen freien Tisch haben.«
Der Empfangschef hat mich entgeistert angeschaut und wiederholt: »Das ist Jules Batiste!« Er hätte ebenso gut sagen können: Das ist der wiedergeborene Heiland und der Teufel in einer Person! Auf Jules Batiste traf offenbar beides zu.
Ich wollte keinen Killer in meinem Haus haben, und wenn er sich noch so kultiviert benahm. War er wirklich nur wegen meiner weithin berühmten Meeresküche hergekommen? Jules Batiste wirkte viel zu einnehmend, um harmlos zu sein. Hinter den strahlend blauen Augen glaubte ich, Intelligenz und Wachsamkeit zu erkennen. Er war nicht nur wegen seines Aussehens zum Anführer einer großen kriminellen Organisation geworden. Ich habe Männer wie ihn kennen und hassen gelernt.
»Was passiert, wenn wir ihn abweisen?«, fragte ich meinen Empfangschef.
»Wollen Sie das wirklich herausfinden?«, erwiderte der Mann düster.
Nein, entschied ich. Es war klüger, nicht die Aufmerksamkeit von Jules Batiste, dem Herrscher über Gewalt und Verbrechen, zu erregen. Ich galt als harmloser Koch und Restaurantbesitzer, der seine Angestellten terrorisierte, und das sollte verdammt noch mal auch so bleiben.

Seitdem kommt Jules Batiste regelmäßig ins Marijn, immer in wechselnder weiblicher Begleitung. Seine Anwesenheit in meinem Haus verhöhnt und beunruhigt mich zugleich. Ich behalte ihn im Auge, suche nach Anzeichen, dass er Bescheid weiß. Wenn ich meine obligatorische Runde durch unsere beiden Speiseräume drehe, winkt er mich jedes Mal an seinen Tisch, um das raffinierte und doch so unprätentiöse Menü zu loben.
Ich lächle und denke mir: Fick dich.
Will er mich in Sicherheit wiegen? Mit mir spielen?
Wahrscheinlich bin ich einfach nur paranoid. Alles läuft viel zu perfekt und das macht mich nervös. Wenn ich nervös werde, dann werde ich wütend.
Was ist, wenn diese kleinen, diebischen Kanaillen von Jules Batiste beauftragt wurden, dem Marijn zu schaden? Ich muss an Schutzgelderpressung denken und werde noch wütender.
Scheiß Kriminelle! Wie können sie es wagen, in meine friedliche, saubere Welt zu platzen?
Etwas zu heftig trete ich aufs Gas und der kraftvolle Elektromotor katapultiert den Wagen nach vorn.
Ich habe überlebt, weil ich nie das tue, was man von mir erwartet. Darum lasse ich nun die Stadt hinter mir, um die Welt der Gesetzlosen zu betreten, mit der ich nie wieder etwas zu tun haben wollte.
Aber sie haben mir meine Hummer gestohlen.
Die Skyline und die Meeresküste versinken im Dunst. Vor mir breitet sich der Schemen eines düsteren Waldgürtels aus. Ich erreiche die Kreuzung mit der Bundesstraße. Hier biegen die Fahrzeuge üblicherweise nach links oder rechts ab und bleiben in der halbwegs sicheren Zivilisation. Ich aber überquere die Kreuzung und fahre hinein in die Finsternis des Waldes. Die Straße ist mit Schlaglöchern übersät und wird von Gestrüpp bedrängt, das bis auf die Fahrbahn wuchert. Müll liegt am Straßenrand. Zwischen den dicht stehenden Bäumen sehe ich vereinzelte provisorische Behausungen aus Brettern und Plane. Obdachlosencamps.
Ich passiere einige Autowracks, dann einen nagelneuen Pickup, in dem zwei rauchende Gestalten sitzen. Wachtposten.
Sie folgen mir nicht, aber ich gehe davon aus, dass sie meine Ankunft melden werden – wem auch immer. Der Night Market, so viel weiß ich, ist keine Festung. Besucher können ihn betreten, aber es gibt keine Gewähr, dass sie von dort auch wieder fortkommen.
Schnurgerade führt die Straße durch den Wald, dann beschreibt sie einen Bogen und vor mir liegt eine meterhohe Ziegelmauer mit einem breiten Tor. Knäuel aus Stacheldraht schmücken die Mauerkrone. Der Torbogen aus Stein und Holz wird von einem Widderschädel geschmückt, aus dessen leeren Augenhöhlen Efeu wächst. Ich erinnere mich vage, dass der ägyptische Gott Amun einen Widderkopf hatte und auch Der Verborgene genannt wurde. Stehen Widder nicht außerdem für Kampf und Durchsetzungsvermögen?
Die riesigen Betonpfeiler des Tores sind mit Graffiti, Bandenlogos und Warnungen verziert: Verpiss dich, Bastard! und Bewaffnete werden ohne Warnung erschossen. Eine Gestalt hängt mit ausgebreiteten Armen am rechten Pfeiler. Bei näherem Hinsehen erkenne ich, dass sie mit langen Eisenbolzen am Gestein festgenagelt wurde. Meine Kehle schnürt sich zu. Das ist bloß eine Puppe, sage ich mir. Sperrmüll, kaputte Einkaufswagen, ausgebrannte Fahrzeuge säumen die Zufahrt. Von einem Baum hängen zahllose Taschen wie skurriler Weihnachtsschmuck herab: rosa Damentäschchen, Rucksäcke, Messengerbags, allesamt offenbar leer.
Ein alter Bus, dessen Fenster und Karosserie mit Metallplatten verkleidet sind, versperrt die Durchfahrt. Auf dem Dach sitzen mehrere junge Männer und sehen unbewegt auf mich hinunter. Obwohl es früh am Tag ist, wirkt die Szene düster und bedrohlich.
Ein Klopfen an der Scheibe lässt mich zusammenzucken, was mich ärgert. Ich lasse das Fenster hinab.
»Haste dich verfahren?«, fragt ein Mann mit Stoppelkinn und drei Narben quer über das gesamte Gesicht. »Privatbesitz. Hau ab, Idiot.«
Er trägt ein Schnellfeuergewehr locker in der Hand. Es ist Jahre her, dass ich so eine Waffe aus der Nähe zu sehen bekommen habe. Seltsamerweise löst der Anblick keine Angst, nicht einmal Unbehagen bei mir aus.
»Nein. Und ich bin kein Undercover-Bulle!«, fauche ich.
»Schickes Auto.« Der Blick des wandert über den Touchscreen in der Mitte der Konsole, über das silberne Fahrzeug-Logo in der Mitte des rechteckigen Lenkrads. »Elektrisch, hm? Wie viel schafft der so?«
»322 km/h«, brumme ich. »Knapp 1020 PS.«
»Ist der Wagen geklaut?« Der Mann beugt sich ins Wageninnere, er mustert meine Handgelenke und den Ansatz der Unterarme, die aus den Ärmeln der Lederjacke ragen. Ich trage keine teure Uhr und sehe auf dem ersten Blick vermutlich nicht aus wie der Inhaber eines weithin berühmten Restaurants. Die meisten Tattoos habe ich mit Laser entfernen, die restlichen mit belanglosen Motiven überstechen lassen. Rosenranken mit Dornen, eine Eule, einen stolzen Hirsch.
»Hoffentlich hast du einen Störsender benutzt.« Sein Tonfall klingt jetzt anders, kumpelhafter. »Die Teslas werden alle per GPS überwacht. Wie hast du den überhaupt starten können? Ein paar Jungs hier wären an deiner Technik interessiert, aber ich kann dir gleich sagen, dass dir niemand die Karre abkaufen wird. Tesla wird sie längst für die Supercharger gesperrt haben und das Navi und den anderen Internetkram kannst du auch nie wieder benutzen.« Er nickt zu dem Display, auf dem unterhalb von Google Maps jede Menge Icons leuchten.
»Der Wagen gehört mir. Fass ihn an und ich werde dir die Finger brechen müssen.«
»Also bist du bloß ein Idiot aus der Stadt auf der Suche nach etwas Nervenkitzel?« Der Wachmann richtet sich auf. »Das kannste haben.«
»Ich will mich nicht amüsieren. Ich suche jemanden, der mit gestohlenen Krustentieren handelt.«
Der Mann grinst. »Bei uns heißen sie Nutten.«
»Wahnsinnig witzig« grolle ich. »Kann ich jetzt weiterfahren oder willst du noch eine Weile mein Auto ansabbern?«
»Du kannst von Glück reden, dass ich deiner Mädchenkarre nicht ein paar Luftlöcher verpasse, Idiot.« Er gibt jemandem ein Zeichen. Ein Motor dröhnt los, schwerfällig setzt sicher Bus in Bewegung und gibt die Einfahrt frei.
Der Wachmann klopft auf das Autodach. »Viel Glück, Idiot. Du hast es bitter nötig.«

(Aus TALES FROM THE NIGHT MARKET – Kapitel 2, Rohentwurf)