Die Macht der Musik

Die Macht der Musik

In „Krieg der Könige“ spielt Musik eine wesentliche Rolle, genauer der Einfluss, den Musik auf uns Menschen ausüben kann. Denn dass sie das tut, ist unbestritten. Morgens beim Frühstück macht sie uns ein bisschen munterer, auf dem Weg zur Arbeit drehen wir den CD-Player mit unserem Lieblingslied ein bisschen lauter und singen an der roten Ampel laut mit (ohne die verstörten Blicke des Typen im Wagen nebenan zu beachten) und haben gleich bessere Laune, beim Sport treibt sie uns an und motiviert uns, noch eine Runde um den See zu laufen, abends bringt sie uns zum Tanzen und jubeln.

Musik, das ist unbestritten, kann Schmerzen lindern, Erinnerungen wachrufen, psychische Barrieren überwinden und Kommunikation z.B. mit fremden Kulturen ermöglichen. Sie wirkt anders als reine Sprache auf allen Ebenen des Gehirns und hat direkten Zugang zu unseren Emotionen.
Wissenschaftler, Evolutionsforscher, Psychologen versuchen seit Langen die Geheimnissen der Musik zu ergründen, den unwiderstehlichen Sog, den manche Melodien und Rhythmen auf uns ausüben. In einer rationalen, von Verstand und Sprache geprägten Welt ist Musik eine weltumspannende emotionale Sprache, die jeder versteht. Dabei ist sie sowohl Ausdruck kosmischer Naturgesetze als auch eine spezifisch menschliche Erfindung. Denn in vielen natürlichen Geräuschen erkennen wir Töne und Rhythmen, grundlegende Strukturen der Musik.

Wie aber funktioniert Musik?
Physikalisch sieht das so aus:
Wenn ein Musiker auf seinem Instrument spielt, versetzt er die Luftmoleküle in Bewegung und bringt sie in eine neue, ganz bestimmte Ordnung. Beim Hören wandeln wir diese Vibrationen um, erst in mechanische Bewegungen des Mittelohrapparates, dann in die auf- und abbrandenden Wellen der Flüssigkeit in unserem Innenohr und schließlich in neuronale Signale, die durchs zentrale Nervensystem geschickt werden und die Botschaft vermitteln: „Ich höre Musik.“
Bevor wir Musik also bewusst wahrnehmen, sie beurteilen, über sie nachdenken, sie genießen oder auch nicht, ist bereits ein ganz anderes Programm in uns abgelaufen, dessen Wirkung wir -wenn überhaupt- erst im Nachhinein bemerken. Wir können diese Wirkung nicht steuern oder willentlich beeinflussen. Die Musik beeinflusst uns.
Das bedeutet: Sobald wir Musik hören, werden wir zunächst in einen veränderten Zustand versetzt und erst danach findet das Denken und Beurteilen des Musikstücks statt. Da das Gehör eines unserer Frühwarnsysteme ist, ist dies eigentlich auch ganz einleuchtend. Der Körper reagiert auf Geräusche, verbindet sie mit verschütteten, verborgenen, vergessenen Inhalten, die mit den Konsonanzen und Dissonanzen dieser Musik verknüpft sind. Auf diese Weise werden uns Bilder und Szenen ins Gedächtnis gerufen, die in unserem Langzeitgedächtnis abgelegt wurden. Meistens nehmen wir diese Verschaltungen gar nicht bewusst wahr; sie bleiben vorbewusst und wirken bei der Entstehung des Musikerlebnisses im Hintergrund mit.

Die Tatsache, dass Musik wirksam ist, noch bevor das Denken und das bewusste Kontrollieren des Hörens einsetzt, wurde und wird immer noch dazu genutzt, um Menschen mit Klängen zu manipulieren. Man denke an Marschmusik, Schlachtgesänge in Stadien, Werbemusik oder hypnotisierende Musik bei schamanistischen oder religiösen Ritualen, bei der Menschen in Trance geraten oder bis zum Umfallen tanzen.

Interessanterweise besitzt jeder Mensch eine gewisse Musikalität, auch wenn er es gar nicht weiß. Wir alle können einfache Melodien mühelos in unterschiedliche Tonarten transponieren, auch ohne den Begriff der Tonart zu verstehen – also dieselbe Melodie von einem anderen Grundton beginnend singen. Ein Experiment des Neurowissenschaftlers Danile Levithin mit 40 Testpersonen zeigte, dass diese Stücke wie Billie Jean von Michael Jackson oder Like a Virgin von Madonna überraschend originalgetreu reproduzieren konnten. Auch ohne absolutes Gehör sangen sie die ausgewählten Lieder nahezu in der Originaltonhöhe und fast im exakten Tempo, obwohl sie vorher von sich selbst sagten, dass sie weder noch einen Ton halten könnten.

Musik kann sogar Hirnstrukturen formen. Bei Profimusikern ist der Balken, der die beiden Hirnhälften verbindet, deutlich dicker als beim Nichtmusiker. Auch bei Amateurmusikern wurde in manchen Teilen der Großhirnrinde eine Zunahme der grauen Substanz nachgewiesen, was auf eine intensivere Verschaltung oder eine Vergrößerung der Nervenzellen hinweist.
Ob das Hören von Musik intelligent macht, ist nicht eindeutig nachgewiesen. Tatsache ist jedoch, dass Musik uns nachhaltig beeinflusst. In manchen Studien erzielten musikhörende Probanden bei einem Intelligenztest signifikant höhere Werte, zumindest wenn es um räumliches Vorstellungsvermögen ging.
Vielleicht aber sind es die Art der Musik und ihre emotionale Wirkung, die Einfluss auf unsere Leistungen haben. Beim ersten Satz der Mozart-Sinfonie etwa sprudeln in virtuosem Auf und Ab die Töne; Energie und Lebensfreude schäumen geradezu über. Wer ist nach dieser Musik nicht in erregter, freudiger Stimmung? Und dass kognitive Leistungen auch vom Erregungszustand und von Emotionen abhängen, ist eine bekannte Tatsache.

Musik ist also etwas, dass tief in jedem von uns verborgen ist, unsere universelle Sprache, die tiefer reicht als das gesprochene Wort und weitaus älter ist.   Selbst Babies verstehen und lieben Musik.
Ganz verstehen werden wir die Faszination der Musik wohl nie. Warum werden manche musikalische Stücke unsterblich? Warum versteht eine völlig fremde Kultur, ob unsere westliche Musik fröhlich oder traurig ist? Warum kann uns ein Musikstück überschäumend glücklich machen oder sogar Depressionen heilen? Und warum sprechen manche Gruppierungen und Organisationen der Musik einen schädlichen oder gar gefährlichen Einfluss nach?
Musik hat eine Macht, von der die meisten von uns nichts ahnen. Wir kennen Musik vielleicht nur noch als unterhaltendes oder antreibendes Pop-Gedudel. Doch jedes Mal, wenn Klänge und Melodien unser Ohr erreichen, findet etwas in uns statt, auf das wir keinen Einfluss haben. Wir fangen an, den Takt mitzuklopfen, summen ein paar Zeilen mit, werden fröhlich oder melancholisch und sehen ein paar Bildfetzen vor unserem inneren Auge  vorbeiziehen – und können uns nicht dagegen verschließen.
Musik bedient uralte Mechanismen unserer Psyche und spielt auf der gesamten Klaviatur der menschlichen Motivation. Musik kann man nicht beschreiben, nur fühlen.

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