Wo wir gerade über Pläne reden … oder Happy New Year

Der Jahreswechsel steht an, nicht wahr?
Wie die meisten Hundebesitzer bin ich kein Freund von Geböller. Mein haariger Assistent kommt auf die Knallerei nicht klar – wenn es kracht und ballert, fällt er tot um. Bis Mitte Januar richtet er sich bibbernd hinter dem Sofa ein und muss zum Gassigehen rausgetragen werden (habe ich schon erwähnt, dass er um die 50 Kilo auf die Waage bringt?).
Aber davon abgesehen wirft man ganz gerne einen Blick zurück und schmiedet ein paar Zukunftspläne. Dazu kommt der gute Vorsatz, dieses Jahr aber ganz, ganz bestimmt keinen guten Vorsatz zu fassen (ist eh zum Scheitern verurteilt, macht aber dennoch irgendwie Spaß. Zum Beispiel endlich die Wollmäuse unter den Schränken wegzufegen. Oder die gängigen Standardtänze zu lernen. Oder ein Jahr lang auf das Recken des Mittelfingers zu verzichten und stattdessen mal … Dingens, wie heißt es noch? … mal nett zu sein).

Foto: Ian Schneider

Wie so ziemlich jeder Indie-Autor lerne ich durch Learning by Doing. Wir schreiben, wir veröffentlichen und wir vermarkten unsere Romane anders, als die Verlage es tun. Wenn wir Mist bauen, bekommen wir es direkt und ungefiltert zu spüren. Wir lernen daraus und ändern unsere Strategie.
Verlage wollen Geld verdienen – gut, das wollen wir auch (zumindest möchten wir wenigstens die Unkosten wieder reinbekommen; einer Studie zufolge kann nur ein Bruchteil aller deutschen Autoren vom Schreiben leben. An dieser Stelle: Scheiß auf Studien! Einer anderen Studie zufolge können wir auch nicht fliegen; wir tun’s aber trotzdem). Sowohl Verlag als auch Indie-Autor sind sehr daran interessiert, das Risiko eines Flops zu minimieren, wenn sie ein Buch veröffentlichen. Trends können da hilfreich sein – allerdings werden Trends auf Dauer auch langweilig, erst recht für die Leser.
Ich behaupte daher mal, dass es ohne uns Self Publisher auf dem Buchmarkt ziemlich öde aussähe. Das Science Fiction-Genre hätte man vielleicht längst zu Grabe getragen. Sicherlich wären hierzulande auch die Veröffentlichungen im Bereich Rocker-Romance und Bad Boy wesentlich überschaubarer ohne uns (ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, falls ich falsch liege).
Self Publisher trauen sich was, weil ihnen niemand sagt: „Schreib um Himmels Willen nix mit Raumschiffen! Sci-Fi ist Autoren-Selbstmord und ruiniert jeden Verlag!“
Darum findet sich plötzlich ein Sci Fi-Roman wie „Transport“ von Philipp P. Peterson auf dem Markt, wird ungeheuer erfolgreich und die Verlage kratzen sich ratlos am Kopf. „Aber … Raumschiffe …! Kein Mensch liest heutzutage Bücher mit Raumschiffen!“
Ätsch.
Damit will ich eigentlich nur sagen, dass keiner von uns so genau weiß, ob das, was er tun möchte, bei den Lesern ankommt oder nicht. Also können wir den Blick in die Kristallkugel auch gleich sein lassen und einfach machen, wie es uns in den Sinn kommt.

Foto: Austin Neill

Auch ich habe ja, was Pläne angeht, gleich zu Anfang meine Lektion gelernt.
Demonized – Dreizehn Tage habe ich damals nur so aus Spässken veröffentlicht, weil mich erstens keine Sau kannte, ich zweitens eine Wette verloren hatte und mir drittens dachte: „Och, warum nicht?“ Ich konnte ja nicht ahnen, dass es gekauft wird.
Eigentlich hatte ich mir erhofft, dass mein liebevoll über fast drei Jahre geschriebener Erstling Die Armee der Tausend Söhne (den ich ursprünglich unter dem Pseudonym Luka Elliott herausgebracht habe) wie eine Bombe einschlägt.
Die Tausend Söhne sind von all meinen Titeln bis heute derjenige, der sich am schlechtesten verkauft. Dieses Buch darf man getrost einsortieren unter: „Hauptsache, Cuddy war eine Zeitlang von der Straße und konnte keinen Unsinn anstellen“.
Heute würde ich ein Buch wie Dreizehn Tage nicht mehr in die Welt hinauslassen. Es hat die Leserschaft ziemlich gespalten. Andererseits würde mich ohne diesen Roman möglicherweise immer noch keine Sau kennen und ich hätte direkt nach den Tausend Söhnen auf weitere Veröffentlichungen verzichtet. So viel zu liebevollen Plänen.

2017 habe ich nur zwei Bücher veröffentlicht; zusammengerechnet waren das um die 1100 Seiten. Und der zweite Roman war nicht einmal geplant … Jepp, wenn’s um Pläneschmieden geht, bin ich richtig gut.
Zwei Bücher in einem Jahr: das ist für einen Self Publisher, der vom Schreiben lebt, erschütternd wenig. Viele Autoren veröffentlichen im Zweimonatsrhythmus oder sogar monatlich, haben sich auf Kurzromane spezialisiert und fahren damit sehr gut.
Mittlerweile herrscht auf dem Büchermarkt ein rasantes Tempo, denn die Leserschaft erwartet regelmäßigen Nachschub. Das gilt ganz besonders für Buchserien (der arme George R.R. Martin traut sich nicht mal mehr in den Supermarkt). Für viele Self Publisher ist es schwierig, sich diesem permanenten Druck zu entziehen. Sie fürchten (vielleicht nicht zu Unrecht), in Vergessenheit zu geraten, wenn sie zu lange an einem Buch arbeiten.
In dieser Hinsicht mache ich also schon mal alles falsch. Und wenn man, so wie ich, acht zähe Monate lang an einem dicken Klopper schreibt, sich danach ziemlich ausgelutscht fühlt und keine zwei Wochen nach Veröffentlichung mit der Frage bombardiert wird: „Wann kommt endlich das nächste Buch raus?“, gerät man durchaus ins Grübeln.
Autorenkollegen schütteln bei meiner … nun ja, nennen wir es … „Veröffentlichungsstrategie“ regelmäßig den Kopf. Recht haben sie, vor allem aus existenzieller Sicht. Dicke Klopper können dir aus verschiedenen Gründen das Genick brechen (man denke an die illegalen Downloads oder die durchaus reale Gefahr, einen veritablen Flop zu landen). Über dicke Klopper werde ich also nachdenken müssen.

Foto: All Bong

Leider tauge ich auch im nächsten Jahr nicht zur planvollen Veröffentlichungsmaschine, die quasi auf Knopfdruck alle paar Wochen ein neues Buch ausspucken kann – das zudem noch gut ist. Die AutorInnen, die das hinbekommen, ohne den Verstand zu verlieren, haben meine uneingeschränkte Bewunderung. Jason Dark veröffentlicht ja seit Äonen jede Woche einen Kurzroman, aber der kann das auch. (Und jetzt lästert mir nicht über John Sinclair-Romane! Der Mann ist auf dem Markt, seit ich ich als kleine Göre mein Taschengeld zusammengekratzt habe, um mir das neueste Geisterjäger-Heftchen am Kiosk zu kaufen. Das soll ihm mal jemand nachmachen.)
Halten wir daher fest: Ich würde bei einer solchen planvollen Arbeitsweise nur Bullshit verzapfen. Spaß würde es auch nicht machen und ich bestehe darauf, dass Arbeit Spaß machen darf.
Mir deucht weiterhin, dass ich im nächsten Jahr kein Buch mit dem Titel Der verruchte Bad Boy-Millionär rausbringen werde – was marketingtechnisch gesehen verdammt dumm ist, denn kluge Autoren verwenden Buchtitel, die die meistgegoogelten Schlüsselwörter enthalten. So gesehen hätte Der verruchte Bad Boy-Millionär durchaus das Zeug zum Bestseller.

Foto: Jeremy Beadle

(An dieser Stelle muss ich gestehen, dass die wenigen Stinkreichen, die ich im realen Leben kenne, in vielfacher Hinsicht eher abtörnend als verrucht sind. Um die geile Villa in Südfrankreich zu kaufen und nebenher ihr Vermögen vorm Fiskus in Sicherheit zu bringen, haben sie sich jahrzehntelang bis an den Rand des Herzinfarkts malocht. Da bleibt verständlicherweise keine Zeit fürs Sixpack-Training oder für zeitraubende Sessions beim angesagten Tätowierer. Tattoos werden überdies von den Lobbyisten im Bundestag gar nicht gern gesehen und wirken auf schwabbeliger Haut in Kombination mit dem schütteren Mittfünfziger-Haarkranz auch eher albern.
Wenn der Millionär nichtsdestotrotz jung, durchtrainiert und ein verruchter SM-Nachtclub-Dauergast ist, könnte das damit zusammenhängen, dass er von Beruf Sohn ist. Dann handelt es sich meist auch um einen arroganten Großkotz, der nur mal ordentlich übers Knie gelegt werden müsste – natürlich nur, um ihm den goldenen Löffel aus dem Allerwertesten zu ziehen. Oder er heißt David Beckham und hat eine viel zu dünne Frau geheiratet, womit eigentlich auch schon alles gesagt ist.
Lange Rede, kurzer Sinn: Mir persönlich fällt es immer noch schwer, die Worte Hot Guy und Ich-bezahle-meine-neue-Yacht-aus-der-Portokasse unter einen Hut zu bringen.)

Also nehme ich mir auch fürderhin die Freiheit, das zu schreiben, was ich selbst gern lesen würde. Ich möchte mit jedem Roman besser werden und öfter was Neues ausprobieren. Im neuen Jahr werde ich mich also vermehrt darum bemühen, nicht allen Erwartungen der Leserschaft gerecht zu werden und euch (und mich) stattdessen zu überraschen.
Wenn es klappt: wunderbar. Wenn nicht, haben wir alle zumindest etwas Spaß gehabt. Die Welt besteht nicht nur aus Büchern und Amazon-Rankings (diese überraschende Erkenntnis hat mich eiskalt erwischt 🙂 ).

Meine Lieben: Kommt gut und unversehrt ins Neue Jahr!
Wir lesen uns.

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