Eigentlich sollte ich am dritten Teil der Bullhead MC-Serie schreiben, aber ich muss dringend etwas loswerden:
Die Phase, wenn sich ein Buch der letzten Überarbeitung nähert und fast bereit ist, auf die Testleser losgelassen zu werden, nenne ich gerne die Presskohlenphase. Dann kommt nämlich alles auf einmal und verdichtet sich zu einem dicken schwarzen Klumpen, der die überaus bemitleidenswerte Autorin niederdrückt (hier bitte angemessenes Mitgefühl einfügen, danke).
Erstens: die üblichen Zweifel.
»Das ganze Buch ist Schrott! Die Geschichte ist laaaangweilig und hanebüchen, die Charaktere wirken wie mit der Nagelschere aus der BUNTEN ausgeschnitten, die Erzählperspektive (zwölfte Person nonkonformistischer Plural) zu experimentell und überhaupt – viel zu viele Seiten. Wie soll ich die alle …? Gnaaarf!« Man verspürt den Drang, das Werk in die runde Ablage zu verschieben und ans Ende der Welt zu flüchten, wo niemand deinen Namen aussprechen kann. Autoren kennen das Gefühl.
Zweitens: Die anstehenden Dienstleistungen und Hilfestellungen.
Das Buch muss ins Lektorat und Korrektorat. Das Buch wird von Testlesern unter die Lupe genommen. Man kann niemanden zwingen, 924 Normseiten (lasst euch diese epische Zahl auf der Zunge zergehen. In Worten: neunhundertundverdammtviele Normseiten!) in mal eben einer Woche durchzuackern, Wort für Wort, und dann noch tagelange Diskussionen mit der Autorin zu führen, ob der Duden Recht hat (»Der Duden hat immer Recht!«) oder ein spießiges A…loch ist (»Ich bin Künstler, ich kann so nicht arbeiten!«).
Das Lektorat sorgt dafür, dass aus einem stümperhaft zusammengetippten Manuskript eine eloquente, spannende, wohlformulierte Perle der Literatur wird, die weder Logikfehler noch überflüssige Absätze aufweist. Das Korrektorat merzt jeden Rächtschraipfeler gnadenlos aus und gibt dir das dumpfe Gefühl, nach der zweiten Klasse Grundschule endgültig der Doofheit anheim gefallen zu sein. Die Testleser machen dich darauf aufmerksam, dass sie den Helden extrem unsympathisch finden, weil er ständig »fuck!« sagt (in meinem Blog darf ich das übrigens auch: Fuck. Fuck. FUCK! Hehe) und einen Vokuhila trägt. Sie sagen dir auch, dass die süße Tankstellenangestellte, die der unsympathische Held rettet, bereits im letzten Buch unter die Räder gekommen ist – buchstäblich. Also musst du umdisponieren und aus einem 924 Normseiten langen, tiefsinnigen Liebesdrama einen Hardcore Zombie-Thriller machen. Über Nacht. Ich wette, auf eine ähnliche Weise ist das Drehbuch zu Warm Bodies entstanden.
Drittens: die Verpackung.
Die Verpackung steht an, wenn das Manuskript endlich, endlich mit Jauchzet und frohlocket gekennzeichnet, siebzehnmal sicherheitskopiert und somit für FERTIG erklärt wurde. Eine Sicherheitskopie wird mit unfälschbaren Metadaten und der aktuellen Titelseite der SZ auf Datenträger gebrannt, versiegelt und beim Notar hinterlegt (wir leben im Zeitalter von Copy&Paste. Zum Kotzen, aber nicht zu ändern).
Das Manuskript muss zum eBook formatiert werden. Wer das schon mal gemacht hat, weiß, dass man man nicht auf eine Taste drückt und hinten kommt ein eBook raus. In der Regel bekommt man graue Haare und ein Magengeschwür, bis es leserlich formatiert ist und Kapitel dreizehn nicht gleich nach dem Vorwort kommt. Das Gleiche gilt für die Printausgabe. Das Buch muss – no shit – Satz für Satz in druckbare Form gebracht werden. Setzer durchlaufen nicht ohne Grund eine dreijährige Ausbildung oder studieren Mediengestaltung mit Schwerpunkt Typografie. Man kann ein Buch natürlich auch aus einer Word-Datei drucken lassen. Dann sieht es aber auch so aus, als wäre es aus einer Word-Datei gedruckt. Schusterjungen und Hurenkinder* …Stört nicht jeden, aber mich macht es wahnsinnig. Schlecht gesetzte Bücher verbrenne ich zeremoniell im Vorgarten, und wenn es sich um eine Melville-Erstausgabe handelt.
Das Cover muss gestaltet werden. Man durchwühlt die Archive der Fotoagenturen und ruft dann doch einen Fotografen an. »Sag mal, kannst du heute Nachmittag noch schnell ein Shooting mit halbnackten Waschbrettbauch-Männern und einer Harley im Hintergrund machen? Nein, ich nehme keine Drogen.« Die Bilder müssen in Photoshop bearbeitet werden (aus Blond wird Braun und das Mutti-Tattoo kann so auch nicht bleiben). Der Titel muss … Himmel, ich habe ja noch keinen Titel!!!
Mit dem einen Cover ist es nicht getan; es gibt ja verschiedene Ausgaben und jede will ihr eigenes Format. Eine mit Rückseite, eine für den Kindle, für den Tolino, fürs EiFon …
Das Buch bekommt einen Klappentext, der nicht umsonst die Nemesis der Autoren genannt wird. Manche brüten monatelang über den Klappentext. Der ist es nämlich, der potentielle Käufer neugierig macht oder ihnen ein mitleidiges Kopfschütteln entlockt.
Dann kommen die Nebenhers; die Lesezeichen, Postkarten, Sticker, die Werbeposter, Flyer und die hübschen Goodies, bei denen Frautorin ein bisschen in Shoppingwahn verfällt. »Ooooh, ein Zündkerzensatz mit Bullhead-Logo drauf! Hechel!«
Von Haus aus Designerin, bin ich allein für die Verpackung zuständig. Weil ich ja sonst nix zu tun habe 🙂
CreateSpace meldet sich und sagt, dass deine Druckdatei Fehler aufweist. Du durchforstet penibel alle 924 Normseiten und findest auf Seite 897 ein Komma, das 0.3 Millimeter aus dem Satzspiegel ragt.
Du kalkulierst den Endpreis des eBooks und kommst auf 78 Euro fuffzich. Noch mal von vorn. Jetzt sind es 355 Euro.
Gleichzeitig bekommst du eine Mail von einer Testleserin, der aufgefallen ist, dass dein grandioses Finale irgendwie an einen John Sinclair-Roman aus den späten Sechzigern erinnert. Du hast Schiss, wegen Plagiarismus hingerichtet zu werden und tippst über Nacht die letzten drei Kapitel neu. Mit Rächtschraipfelern, um die sich jemand anders kümmern muss.
Übrigens ist das Korrektorat im Verzug, weil die Korrektorin Röchelhusten hat und unter Quarantäne gestellt wurde. Ersatz muss her.
Dann fällt dir ein, dass du unbedingt eine Limited Edition rausbringen willst. Mit Illustrationen. Und im anderen Druckformat. Also setzt du das Manuskript mit der linken Hand ins gewünschte Format und zeichnet parallel mit der rechten. Heraus kommen Pokémons. Die einzig gelungene Illustration sabbert der Hund voll.
Das Finanzamt mahnt die Umsatzsteuererklärung fürs letzte Quartal an (»Morgen um acht Uhr, sonst öffentliche Hinrichtung!«). Du musst dich um passende Versandkartons für die umfangreiche Sonderausgabe samt Goodies kümmern. Es gibt keine. Also fragst du eine Verpackungsfirma an und erhältst einen Kostenvoranschlag, mit dem man eine kleine Revolution finanzieren könnte.
An dieser Phase fühlst du dich wie eine Presskohle, aus der jedes Sauerstoffmolekül rausgequetscht wurde.
Und dann erreichen dich diese Posts.
»Hurra, in drei Tagen erscheint das neue Buch! Wag es ja nicht, die Veröffentlichung zu verschieben, Frautorin! Wir werden dich teeren und federn und hinten an einen Trecker binden, der nach Kasachstan rumpelt. Über die Schotterpiste.«
»Ich kann es kaum noch abwarten. Warum dauert das so laaaange?«
»Das Buch ist doch fertig, Frautorin. Du hast es selbst gesagt. Was hampelste denn da noch rum? Ich will es haben. JETZT!«
Dein Blick trübt sich und du denkst, dass ein Nachtschicht-Job in einem Callcenter vielleicht doch recht spaßig sein kann. Da wird man nicht hinten an einen Trecker gebunden, wenn ein Gespräch siebzehn statt dreieinhalb Minuten dauert.
Nicholas Sparks braucht drei Monate, um die Idee zu einem Roman zu entwickeln. Dann erst beginnt er mit dem Schreiben.
Andreas Eschbach schreibt bis zu sechs Jahren an einem Roman, und für die Idee lässt er sich gern mal fünf Jahre Zeit, bevor er den ersten Buchstaben tippt.
Håkan Nesser ist ein ganz Flotter und bringt jedes Jahr einen Roman heraus, aber er muss sich auch nicht um das Drumherum kümmern, das macht sein Verlag. Dafür schreibt er jedes Buch acht- bis zehnmal um, bevor er es für fertig erklärt, sich gemütlich mit einer Zigarre zurücklehnt und den Designern, Klappentexttextern, Setzern und Formatierern beim hektischen Überstunden-Kloppen zusieht.
Und all diese Autoren müssen sich oft nicht einmal selbst ums Recherchieren kümmern, dafür haben sie beflissene Assistenten (»Besorg mir mal alles, was du über übergewichtige, hochintelligente Clowns mit mindestens drei Geschwistern und einem Muttermal auf der Schulter finden kannst, und fasse es in einem hübschen Zwanzig-Seiten-Essay zusammen. Mit Quellenangaben. Du hast zehn Minuten.«)
Mein Assistent sabbert meine Illustrationen voll und klaut anschließend die Schokolade. Außerdem haart er. Unnötig zu erwähnen, dass er höchstens nach verschollenen Käsebrötchen recherchieren kann. Wenn ich Glück habe, findet er sie. Wenn nicht, muss ich ein paar Wochen warten und das Käsebrötchen wird zur lebenden Kultur und kommt mir freiwillig entgegengelaufen.
Was ich damit sagen will: Ein Buch ist kein Haufen Schmutzwäsche.
Ich habe da so eine schlaue Waschmaschine (das Ding sieht ein bisschen aus wie vom Kernforschungsinstitut CERN geklaut; ich schwöre: es kann denken). Man schaltet es an, es veranstaltet eine beeindruckende Lichtshow und schüchtert mich mit seinen tausend Knöpfen und Programmen ein (Was zum Henker ist »positive Adsorption« – die Vorwäsche?). Man stopft seine schmutzigen Klamotten rein, das Gerät macht Miep-Miep und benennt auf die Zehntelsekunde genau, wann die sauberen Sachen schranktrocken (und nach Blümchen duftend, hüstel) aus der Trommel genommen werden können.
(Vermutlich sendet sie während des Waschvorgangs Informationen über meinen Kleidungsgeschmack in die große weite Welt. Anders kann ich mir all die Werbeanzeigen nicht erklären, die mir sagen, ich solle mir endlich mal vernünftige Klamotten zulegen. Hab mich schon gewundert, warum ich beim Aufstellen der Maschine das WLAN-Passwort eingeben musste. Und ich bin sicher, sie plant heimlich die Übernahme der Weltherrschaft. Zur Sicherheit trage ich jetzt einen Hut aus Aluminiumfolie.)
Wäre toll, wenn das mit einem Buch auch ginge. Man hat eine Idee, das Hirn macht Mipe-Miep und sagt: »Okay, am 23. September um 15:45 Uhr ist der Roman in den Läden.«
Blöd nur, dass Bücher – Überraschung! – kein Haufen Schmutzwäsche sind.
Man beginnt mit der Rohfassung, dann stellt man fest, dass die Figuren ihr übliches Eigenleben entwickeln und winkt heulend dem ursprünglich geplanten Finale hinterher. Man beginnt von vorne. Nach Kapitel siebzehn schläft man über der Tastatur ein. Langweilig. Kein Spannungsbogen. Man beginnt von vorne. Aus dem Erotik-Thriller wird plötzlich eine gesellschaftskritische Studie. Weil man Cuddy heißt und nicht George Orwell, beginnt man von vorne. Endlich funzt es. Die Worte fließen nur so auf den Bildschirm. Man schaltet die Statistik hinzu und bekommt die Info, dass das eklige (O-Ton einer Rezension) altmodische Wort hanebüchen überproportional häufig verwendet wird. Das ist echt verflucht hanebüchen. Also verzweifelt man über Synonymen. Dann fällt einem auf, dass man zwar eine Menge über positive Adsorption geschrieben hat, aber keine Ahnung, was das überhaupt ist. Man kauft sich Fachbücher und lernt, dass es sich mitnichten um ein raffiniertes Waschprogramm handelt.
Man ruft das CERN-Institut an, lässt einen unverständlich hochwissenschaftlichen Vortrag über sich ergehen und bekommt eine Einladung in die Schweiz, um sich vor Ort anzuschauen, wie todesmutige Kittelträger in subatomaren Wurmlöchern zu anderen Dimensionen gebeamt werden (jedenfalls stellt mein Autorenhirn sich das so vor). Man gesteht anschließend der Institutsleitung, dass irgendwie – also, ich weiß auch nicht … – eines ihrer hochkomplizierten milliardenschweren Geräte in der eigenen Abstellkammer gelandet ist und nun schmutzige Socken wäscht. Man wird wegen Wissenschaftssabotage verhaftet, wegen Dummheit wieder auf freiem Fuß gesetzt und kann an seinem Roman weiterarbeiten.
Immer dann, wenn das Schreiben richtig gut läuft, hat der Hund Durchfall und muss alle fünf Minuten raus. Das ist Naturgesetz. Wenn es ihm nach drei Wochen besser geht, bekommt man eine Schreibblockade.
Leser fragen an, wann denn nun endlich Teil drei erscheint. Ich solle gefälligst aufhören, mir an den Füßen zu spielen und Fotos von Bikes im Sonnenschein zu posten, sondern SCHREIBEN. Ich murmle irgendwas von »Mitte September« und bekomme Panik. Was habe ich getan?
Plopp, taucht ein Countdown im Netz auf: Noch siebenundzwanzig Tage bis zur Veröffentlichung. Jemand organisiert eine Releaseparty mit männlichen Gogo-Girls und postet den Termin bei Facebook.
Ich habe gerade einmal die Rohfassung fertig und die ist hanebüchen scheiße. Außerdem hat sie über neunhundert Normseiten. Wer soll die alle überarbeiten?
Wie jetzt – ich etwa? Fuck (hehe).
Ich geißle mich selbst, weil ich mein Maul nicht halten konnte.
Es soll Leser geben, die Voodoopuppen von ihren Autoren basteln und Schrauben reindrehen, weil die das Veröffentlichungsdatum nicht eingehalten haben. Andere haben einen Shitstorm losgelassen, der seinesgleichen suchte und der gedemütigte Autor ward nimmermehr gesehen.
An diesem Punkt kreuze ich die ersten Stellenangebote an (Verdienen Sie 5.000,-€ mit nur drei Stunden Arbeit wöchentlich!!! Klingt seriös, das mache ich) und überlege, ob Argentinien meine neue Heimat werden könnte. Oder Hobbingen. Hobbingen ist schön. Man kann sich in kleinen Höhlen verkriechen und so tun, als hieße man nur zufällig Catalina Cudd, diese verlogene Nulpe von einer Autorin, die den Lesern erst den Mund wässrig macht und dann nicht pünktlich abliefert.
Wir leben im Zeitalter der schnellen Bücher. Manche Autoren hauen alle paar Wochen einen Roman raus. Gut, der hat dann nur 96 Seiten und strotz vor Fehlern und das Cover wurde in Paint gestaltet, aber …
Ich stamme noch aus der Zeit der laaangsamen Bücher, wo die Schriftsteller jedes. Einzelne. Wort. Dreimal in ihrem Kopf umgedreht und dann doch durch ein anderes ersetzt haben. Manche schreiben achtzehn Jahre lang an zweihundert Seiten, verwerfen alles und fangen noch mal von vorn an.
Schreibratgeber empfehlen, das Manuskript drei, besser zwölf Monate in die Schublade zu legen, bevor man mit dem Überarbeiten beginnt. Das kann man machen, wenn man entweder von Beruf verwöhnte Tochter, Bestsellerautor mit Mega-Vorschuss oder jenseits von Gut und Böse ist. Aber nicht, wenn draußen vor der Tür die Leserschaft mit den Füßen scharrt und der Hund nachdrücklich auf sein Bio-Gourmetfutter besteht. Schreibratgeber sind Bitches.
An den neunhundertverdammtvielen Normseiten habe ich die Rekordzeit von knapp vier, fünf Monaten geschrieben, inklusive Plotten, Recherche (ja, ich habe Fachbücher gelesen) und Timeline und Charactersheets und hassenichgesehen. Meine verrückten Jungs haben mein Wissen um Dinge erweitert, die ich nie kennenlernen wollte. Nun weiß ich, wie es im Hinterzimmer eines Laufhauses aussieht und was dort an krummen Geschäften abgewickelt wird. Danke, Jungs – auch für die, nun ja, erbaulichen Anekdoten (sie sind nicht mal ansatzweise romantauglich, aber die Bilder im Kopf werde ich nie wieder los).
Ein Buch zu schreiben ist ein kreativer Prozess, der von vielen, vielen Faktoren beeinflusst wird, nicht zuletzt von dem, was im eigenen Oberstübchen geschieht (oder auch nicht), von den Figuren, die nie das tun, was sie sollen (und die Figuren haben IMMER Recht) und vom Drumherum, das viele Leser und Autoren unterschätzen. Während des Schreibens sieht man vage die Zielflagge am Horizont auftauchen und reibt sich schon freudig die Hände, aber dann macht die blöde Straße einen scharfen Schlenker nach links und man guckt auf ein Gebirge.
Also, Fazit: ICH WEISS NICHT, AN WELCHEM TAG DAS VERD… BUCH ZU KAUFEN SEIN WIRD!
ich will euch keinen hastig hingeschmierten Murks zumuten, sondern einen sauber ausformulierten, durchdachten, möglichst spannenden, einen dicken, einen sehr, sehr dicken Roman, den ihr gerne auch ein zweites oder drittes Mal lesen wollt. Der euch das Geld wert ist, das ihr dafür hingeblättert habt, und der euch nicht nur unterhält, sondern für kurze Zeit aus der Realität entführt und hier und da zum Nachdenken oder Staunen anregt. Und es wäre nett, wenn er im Bücherregal nicht wie ein Reclambüchlein aussieht.
Irgendwie – noch eine Überraschung! – lässt sich das nicht aus dem Ärmel schütteln.
Das aktuelle Manuskript ist umfangreicher geworden als geplant. Drei externe kritische Gruppen werden es durchforsten, bevor ich es zurückerhalte, und nur die Götter wissen, wie lange das dauert. Ich weiß es nicht. Wenn ich es wüsste, würde ich mit Schreiben aufhören und als mysteriöses Medium weltberühmt werden.
Also, bitte bitte, nagelt mich nicht auf ein Veröffentlichungsdatum fest und bitte bitte bitte, richtet mich nicht virtuell hin, wenn es länger dauert.
Das Schlimmste, was einem Autor nämlich passieren kann ist dies: Man lässt sein Baby mit ängstlicher Erwartung auf die Welt los und bekommt keine vierundzwanzig Stunden vernichtende Feedbacks.
»Strotzt vor Fehlern.«
»Hanebüchen zusammengestrickter Plot.«
»Oberflächliche Charaktere, wirkt wie hastig hingeschmiert.«
»Hätte die Autorin sich mehr Zeit gelassen, hätte es ein nettes Buch werden können, aber so …? Schade um die Buchstaben.«
Es gibt gute Bücher und es gibt schnelle Bücher. Lese-Fastfood sozusagen. Früher waren das diese Heftchenromane. Heute gibt es mit Sicherheit Textbausatzprogramme, aus denen man sich einen Roman zusammenstellen lassen kann. Oben gibt man Genre: Thriller ein, darunter Schmutzige Wörter in Prozent: 10 und Anzahl Pimper-Szenen: 6, dann drückt man Enter und hinten kommt ein 350-Seiten-Roman raus.
Mit jedem Roman, den ich in Angriff nehme, lerne ich dazu; meine Ansprüche steigen, auch meine Dingens, meine Professionalität (das wollte ich schon immer mal behaupten).
Daher mein Plädoyer:
Gebt euren Lieblingsautoren die Zeit, GUTE Bücher zu schreiben! Setzt sie nicht unter Druck! Beleidigt sie nicht öffentlich, wenn sie der Meinung sind, dass ihr Roman noch nicht perfekt ist und sie das Veröffentlichungsdatum nach hinten verschieben.
Sie wollen euch nicht ärgern. Sie wollen euch das bestmögliche Buch liefern, zu dem sie fähig sind, keinen Haufen Schmutzwäsche.
P.S.: Habt ihr mitgezählt, wie oft ich das herrlich eklig altmodische Wort hanebüchen in diesem Artikel verwendet habe? Wenn ja, schreit es heraus!
Die ersten fünf richtigen Antworten bekommen von mir eine kleine Belohnung zugeschickt.
*Hurenkinder und Schusterjungen nennt man in der Typografie zwei typische Satzfehler, die erstens den Leserhythmus stören und zweitens scheiße aussehen.