Der Mensch lebt nicht vom Schreiben allein, ab und zu muss er mal an die frische Luft – naja, ich jedenfalls, sonst werde ich rammdösig und bekomme Schreibblockade.
Darum stand ich letzten Sonntag auf der Startmatte beim Vivawest-Marathon. Der geht ja quasi an meiner Haustür vorbei, und watt gibbet Geileres, als durch’n Pott zu rennen, ne? Die Strecke ist anspruchsvoll mit vielen Steigungen und Kurven, aber schön, führt über Zollverein, durch eine Einkaufspassage, durch den Nordsternpark, durch schöne Bergbausiedlungen und eine irgendwie nicht endenwollende Straße entlang, deren Namen ich sofort wieder vergessen habe.
In meiner Arroganz habe ich mal auf eine explizite Vorbereitung verzichtet. Bin ja erst ein paar Tage zuvor knapp 4, 5 Stunden durch die Pampa gelaufen, und sowas mache ich ja eh zweimal die Woche. Marathon ist Ponyhof …
Tscha, der Start verzögerte sich, die Sonne brannte schon um neun Uhr sommerlich-fröhlich und ich hatte am Abend zuvor laaange vorm Bildschirm gesessen.
Der Startschuß fiel gegen zehn Uhr und mir schwante, dass ich wohl in der Mittagshitze schwitzen würde. Aber egal, Gas geben und an den 3:45-Pacer hängen. So eine Zielzeit sollte ja wohl aus dem Ärmel zu schütteln sein, bin den letzten Marathon ja wesentlich flotter gelaufen.Bei Kilometer 26 bekam ich die Quittung: Einbruch. Krämpfe im Fuß, Krämpfe im Magen, Seitenstiche. Tempo drosseln, seufz.
Bis Kilometer 36 habe ich mich mehr oder weniger von Verpflegungspunkt zu Verpflegungspunkt gehangelt und wilde Experimente angestellt: Cola und Banane oder Dextro, Wasser und Cola oder Banane mit nix.
Mentale Umstellung im Kopf: heute keine Leistung, heute nur Sightseeing und Atmosphäre genießen. Die Zuschauer waren wirklich klasse!
Ab KM 36 ging es wieder. Aber wahrscheinlich nur, weil ich auf einen Mitleidenden traf, der auch nicht besser drauf war. Rein zufällig ebenfalls ein Krav Maga-Kampfsportler. Wir sind zusammen weitergetrabt und haben ein paar SV-Übungen mitten auf der Strecke ausprobiert (die Mitläufer müssen für durchgeknallt gehalten haben, als wir uns gegenseitig würgten und attackierten) und am Ende kamen wir deutlich über 4 Stunden ins Ziel – aber immerhin lachend, gut gelaunt und hoch erhobenen Hauptes.
Über meine Zielzeit decke ich hüstelnd den Mantel des Schweigens, aber der Lauf als solches hat Spaß gemacht, jedenfalls erheblich mehr, als bei dem Bombenwetter zu Hause vor der Glotze zu sitzen (ach, ich habe ja gar keinen Fernseher …). Und ich hab mal wieder ein paar Ecken vom Pott gesehen, die ich gar nicht kannte.
Für den nächsten Start trainiere ich dann mal etwas ernsthafter, gell?