Positive Rezensionen … können auch mal ein Fluch sein

Das da.
Das bereitet mir Kopfzerbrechen.
Amazon-Rezis_13-10-15Sieht geil aus, so auf dem ersten Blick, oder? Nur ein paar 4-Sterne-Rezensionen und der Rest der Käufer vergibt glatte 5 Sterne, hechel.
(By the Way: ich mag die Abkürzung Rezis nicht. Klingt phonetisch irgendwie nach einer viralen Krankheit. Ehm, wusstet ihr übrigens, dass besonders die Behörden und ganz, ganz besonders die Polizei sehr abkürzungsaffin sind? RTW ist ein Rettungstransportwagen und POM bedeutet Polizeiobermeister. Und die One Percenter-Biker können das auch: FTW heißt Fuck the World. Was ACAB bedeutet, behalte ich lieber für mich. Aber ich schweife ab …)
Zurück zu den Rezensionen: Wenn man auffällig viele positive bis überschwängliche Kundenmeinungen unter seinem Buch findet, dann bekommt man ein leicht beklemmendes Gefühl (vorher bekommt man aber immerhin einen mentalen Höhenflug). Was, wenn jemand meint, die wären alle gekauft …?
Es sieht zugegebenermaßen herzklabastermäßig toll aus, wenn man sechs (in Worten:  verdammt wenige) Vier-Sterne-Rezensionen hat und über 120 Fümpf-Sterne-Bewertungen. Und keine einzige (!) Drei-, Zwo- und Ein-Sterne-Abkanzelung. Trotzdem fragt man sich, was der geneigte Vielleicht-Käufer wohl bei diesem Anblick denken mag. Hat denn gar niemand was zu motzen beim »Lucky Bastard«?
Klar, es gibt Dinge zu bemängeln. Vor allem die arme Juli mit ihrem einen-Schritt-vor-zwei-Schritte-zurück ist das Hauptziel der Kritik, und manche Leser fanden die erste Hälfte des Romans recht betulich. Doch ansonsten …
Vielleicht habe ich einfach nur Glück und den Nerv vieler Leser getroffen, als ich den »Bastard« schrieb. Vielleicht haben auch nur die richtigen Leute das Buch gelesen – who knows?
Aber bevor hier dennoch komische Vermutungen aufkommen (die es bisher gottseidank nicht gab), möchte ich darauf hinweisen:
Nicht eine dieser Rezensionen wurde von mir gekauft, durch Lieblings-Meerschweinchen-Entführung erpresst, mit bitteren Tränen erbettelt, erprügelt oder sonst wie veranlasst!
Als ich den »Bastard« veröffentlichte, war ich total unsicher, wie er bei euch ankommen würde (Auf gut Deutsch: Ich habe mir förmlich in die Buxe gemacht vor lauter Mimimi.)
Am Erscheinungstag des Romans habe ich daher Zelt, Schlafsack, Zahnbürste aufs Motorrad geworfen und bin gen Norden geflüchtet, wo es keinen Internetzugang gab (und bei Elektrizität bin ich mir bis heute auch nicht so sicher). Unterwegs schwor ich mir, niemalsnichtnever Amazon-Rankings zu Frenchman und Weeds anzuschauen oder gar Rezensionen zu lesen.
Ehm … haha.
Dass der »Lucky Bastard« so gut ankommen würde – ehrlich, das habe ich nie gedacht.
Ich liebe das Buch. Ich liebe all die Charaktere, die darin vorkommen – jeden einzelnen, sogar die doofen Mitulskis. Der »Bastard« ist selbstverständlich kein perfektes Buch, weil es Das perfekte Buch niemals geben wird.
(Noch ein By the way: Japanische Künstler, ganz gleich, wie gut sie sind, bauen immer einen winzigen Makel in ihr Werk ein, weil die Erschaffung eines vollkommenen, absolut perfekten Werkes bedeuten würde, dass man ein Gott wäre und dies ist wiederum nicht möglich, weil man Stuhlgang hat und ein Gott hat keinen Stuhlgang. Aufgrund dieser Diskrepanz würde daher das Universum implodieren undsoweiter … Also beugt man lieber vor und macht sein Ding vorsichtshalber nur ein bisschen perfekt 🙂 )
Die einen verstehen unter Perfekt eine knackige Horde glitzernder Vampire im High School Setting, die anderen Faust’sche Dramödien und Sätze, die man erst nach dem fünften Lesen beziehungsweise der sechsten Flasche Rotwein halbwegs deuten kann. Wiederum andere wollen vertrackte Mordkomplotte, wo der Täter erst im allerallerletzten Satz gesteht: »Ja, ich habe Rauhhaardackel Kevin auf dem Gewissen, weil ich als Kind nie Streuselkuchen essen durfte« oder herzzerreißende Dialoge á la “Ich sterbe, aber du sollst wissen: Ich liebe dich unendlich.« »Das trifft sich gut, Rolfi-Schatz, ich liebe dich nämlich auch. Ach, wo wir gerade drüber sprechen: Wirst du nach deinem Tod als Stern am Himmel leuchten? Dann kann ich dich bei ebay als unbekannten Himmelskörper verhökern.« (Hm, das mit den herzzerreißenden Dialogen sollte ich besser lassen.)
Worauf ich hinaus will: Ich habe nie Rezensionen gekauft, ich kaufe keine Rezensionen und ich werde auch zukünftig keine Rezensionen kaufen. Punkt. Sind wahrscheinlich eh viel zu teuer. (Wo kauft man die eigentlich? Ich frage nur so aus wissenschaftlicher Neugier … Gibt es dafür einen extra Onlinehandel? Sitzen in Asien tausend fleißige Schreiber vor tausend Rechnern und tippen im Akkord begeisterte 2-Satz-Feedbacks über etwas, das sie gar nicht kennen? »Lucky Bastard ist der Wahnsinn! Bereits der erste Schluck offeriert wahre Geschmacksexplosionen; die anschließende Reinigung ist kinderleicht, aber der Einschaltknopf könnte etwas großer sein.«)
Vom »Lucky Bastard« habe ich noch nicht einmal Rezensionsexemplare in die Welt geschickt; es gab lediglich eine Testleserunde mit kritischen (sehr, sehr, SEHR kritischen – vielen Dank!) Betalesern.
Ich habe die Bullheads eines Tages auf ihre Bikes gesetzt und gesagt: »Nun fahrt mal los und amüsiert euch, Jungs, aber treibt es bitte nicht zu dolle. Und meldet euch ab und zu bei Mutti!«

Foto: Andrey Armyagov/123rf
Foto: Andrey Armyagov/123rf

Man kann auf Dauer nichts faken. Entweder wird eine Geschichte gemocht oder sie wird es nicht. Da lässt sich nicht tricksen. Karma is a Bitch und jede Lüge kommt früher oder später ans Tageslicht (meist in Form von Rezensionen mit folgendem Inhalt »Ich kann die positiven Feedbacks überhaupt nicht nachvollziehen – Dieses Machwerk ist eine Katastrophe. Schade um jeden Buchstaben, der dafür sterben musste!«) und natürlich in Form von Buchrückgaben, Stornierungen und ernüchternden Bloggerbeiträgen (»Das Schönste an diesem Buch war das Wort ENDE! Leider konnte ich es anschließend nicht verbrennen, weil es ein E-Book war.«). Eine Fake ist immer ein Schuss, der nach hinten losgeht und den Autoren erwischt.
Im Ernst: Der Erfolg von »Lucky Bastard« hat mich verdammich noch mal mehr überrascht als der von »Demonized«. Und da war ich auch schon völlig von den Socken.

Ich danke euch allen, die ihr mir euer Feedback gegeben habt. Ob in einem Satz auf Amazon oder über eine herzwärmende persönliche Nachricht. Ob über euren Kauf des Buches oder dadurch, dass ihr mein Leben mit eurer Death Wish Coffee-Spende gerettet habt. Ob über eine signierte Sammelbestellung oder dadurch, dass ihr mich lange vor der Veröffentlichung unterstützt habt, obwohl ihr mich persönlich gar nicht kennt.
Und ich schwöre: Die Bullheads und ihre Freunde, die Band Rogue, die Wächter und auch die Höllenreiter wissen ganz genau, wem sie ihre Existenz zu verdanken haben.
Nämlich euch.
Und darum suchen sie nachts auch mich heim und lassen euch friedlich schlafen, die Mistkerle.

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