Was ist Schreiben? – Ein Text von Nina George

Zu den Deutschen Schreibtagen 2014 in Berlin-Wannsee hielt die internationale Bestsellerautorin und BücherFrau Nina George (41) eine großartige Rede mit dem Titel: „On Writing / Was ist Schreiben?“
Auf dem BücherFrauenBlog erscheinen erstmals Auszüge der Rede; ich möchte euch das erste der Zehn Dinge, die Sie über das Schreiben wissen sollten vorstellen. Unten findet ihr den Link zum Blog der BücherFrauen.

Es stört Ehen, irritiert Muggel, zieht nette Menschen im besten Fall nackt aus und lässt sie in der Not zu Säuferinnen werden. Es will nichts weniger als Ihr Leben und gibt Ihnen dafür ständige Zweifel und prekäres Einkommen zurück: Schreiben.

Zehn Dinge, die Sie über das Schreiben wissen sollten. 

1. Schreiben ist Nacktsein

Ernest Hemingway hat es getan, sogar im Stehen, Victor Hugo pflegte sich nackt einschließen zu lassen, als er der Glöckner von Notre Dame schrieb, James Riley schrieb nackt, um sich davon abzuhalten, unten in der Bar einen nach dem anderen zu kippen – und Agatha Christie pflegte nackt in der heißen Badewanne eiskalte Morde zu begehen. Doch von dieser äußeren Nacktheit rede ich nicht – es ist die innere Nacktheit.

Was einen guten Text von einem unvergesslichen, berührenden Text unterscheidet, ist manchmal kaum fassbar. Es ist nicht Wortwahl, Stil, Tempo oder Figuren – es hat etwas mit der inneren Wucht der AutorIn zu tun, mit der Haltung, mit der der Schreibende den Text verfasst hat. Ich nenne diese Wucht, diese Haltung: Mut zur Nacktheit.

Je nackter sich eine AutorIn macht, je emotional aufrichtiger, je ungefilterter, schamloser, deutlicher, direkter, meinungsstärker, wortgenauer er und sie sagen, was sie wirklich sagen wollen – desto kraftvoller wirkt der Text.

Gerade wenn es um die dunklen, unruhigen Seiten des Lebens geht, schrecken Schreib-Beginner zurück, sich wortwörtlich nackig zu machen. Wenn es um Sex geht. Über Mordsgelüste. Über Alkoholexzesse. Über Neid. Über das Gefühl, wenn sich zwei Männer küssen. Über die Brutalität der Kindheit. Über Selbstmordlust, Todesangst, über den Geruch des Krankenhausfußbodens, auf dem der Geliebte krepiert.

Denn je authentischer sie davon erzählen, desto nackter stehen diese AutorInnen da – und müssen womöglich sich Fragen gefallen lassen wie: „Echt? Sie schreiben über Sex? Haben Sie das alles selbst erlebt?“ oder auch: „Wieso schreiben Sie so gern über Mord, was sagt denn Ihr Mann dazu?“ oder auch:

„Ist Ihr Text irgendwie biografisch?“

So etwas sollte der Schreibende aushalten können.

Wer über gefährliche, unübliche, schwierige Dinge schreiben will, über Dinge jenseits gesellschaftlicher Konventionen, macht sich nackt. Immer. Und wenn er es nicht tut, ist der Text kreuzöde, weil er jedem gefallen will und niemanden aufwecken.

Das Leben ist zu kurz für schwachbrüstige Texte mit angezogener Wortbremse. Haben Sie eine Meinung! Machen Sie sich nackt!

Es hilft, wenn Sie übrigens ab und an mal ohne Bekleidung schreiben. Versuchen Sie es mal. Vielleicht nicht gleich heute, aber … daheim.”

Lest den ganzen Text hier:
http://blog.buecherfrauen.de/was-ist-schreiben/

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