Buchkritik: “Survivor Dogs – Die verlassene Stadt” von Erin Hunter

Ich habe von vom Verlag Beltz & Gelberg zwei Rezensionsexemplare der “Survivor Dogs”-Reihe von Erin Hunter bekommen –  Band I und II –  und nun endlich den ersten Teil durchgelesen. Hier also wie versprochen meine Rezension:

Erin Hunter ist ein Autorenkollektiv, das Jugendbücher schreibt und mit “Warrior Cats” und später der “Seekers”-Reihe bekannt wurde. “Survivor Dogs” ist ebenfalls ein Jugendbuch und empfohlen ab, glaube ich, 10 Jahren.

Bildschirmfoto 2014-07-12 um 06.59.58Dies ist mein erstes Buch von Erin Hunter; ich kenne weder die »Warrior Cats« noch die »Seekers«-Reihe und ich hatte deswegen keine wie auch immer gearteten Erwartungen an dieses Buch. Bücher wie »Watership Down«, »Felidae« oder »The Plague Dogs« haben mir jedoch sehr gut gefallen (letztere fand ich extrem aufwühlend), deswegen war ich gerne bereit, in die Welt der »Survivor Dogs« einzutauchen.
Sechs Bände gibt es mittlerweile? Wow.

Es ist immer schön, eine Geschichte aus einer ungewöhnlichen Perspektive zu lesen und die Welt mal aus der Sicht eines anderen Wesens zu betrachten.

In diesem Fall kam noch ein Endzeit-Setting hinzu und das Genre mag ich generell sehr gern; »The Road« und »Weit im Norden« sind mir noch immer im Gedächtnis. Die »Survivor Dogs« sind ein Jugendbuch, ich habe also jetzt keinen Richard Adams oder Cormac McCarthy erwartet.
Da das Buch aus Sicht von Lucky erzählt wird, werden viele Gegenstände aus der Menschenwelt in »hündisch« übersetzt; es gibt das Käfighaus, die Langpfoten, Lärmkästen, Feuersaft etc. Bei einigen Begriffen musste ich innehalten und überlegen, was damit gemeint sein könnte, weil der Kontext es auf Anhieb nicht hergab, die meisten haben sich schnell von selbst erschlossen. Wie das für jüngere Leser aussieht, kann ich nicht beurteilen. Wahrscheinlich sind Leser, die die anderen Bücher von Erin Hunter kennen, im Vorteil.

Das Cover:
Das Rot macht es natürlich auffällig und die etwas diffuse Darstellung der Hunde ist dem Thema gut angepasst. Den Titel fand ich weniger gelungen umgesetzt, da musste ich an ein günstiges Konsolenspiel denken, das etwas zu bunt geraten ist. Der Font passt meiner Meinung nach nicht zu dem Bild. Das Cover wirkt irgendwie nicht stimmig und auch nicht dystopisch (die Hunde in Action machen es zudem etwas hektisch), aber man darf ja nicht vergessen, dass es sich um ein Jugendbuch handelt. Die teils matte, teils glänzende Lackierung finde ich nett, muss aber nicht sein.
Das Cover von Teil II finde ich farblich besser gelungen.

Die Charaktere:
Lucky war ein sympathischer Charakter, der typische etwas sture Einzelgänger, der sich so durchs Leben schlägt und sich dann doch einem Rudel anschließt. Ein mutiger Kerl, dessen Beweggründe ich nicht immer nachvollziehen konnte, aber ich habe ihn gemocht.
Die anderen Charaktere … sorry, die waren sich alle irgendwie ähnlich, trotz ihrer Talente. Nur wenig ehaben sich deutlich abgehoben, wie Old Hunter zum Beispiel. Bella war mir nicht wirklich sympathisch.
Schön war allerdings die Wandlung der verwöhnten Leinenhunde zu Wildhunden und dass alle Charaktere trotz ihrer notwendigen vermenschlichten Darstellung immer noch Hunde-Eigenschaften besaßen. ich befürchte bei solchen Büchern oft, dass sie in so eine Disney-Schiene rutschen und dem Tier somit jede Würde nehmen. Das war hier nicht der Fall.
Ich glaube, dass Leser, die die einzelnen Hunderassen nicht kennen, Schwierigkeiten haben werden, die Charakter auseinanderzuhalten, das sie sich vielleicht bei dem einen oder anderen keine bildliche Vorstellung machen können.

Die Handlung:
Es geht ums Überleben, damit ist eigentlich alles gesagt. Lucky ist im Vorteil, denn als Straßenhund ist er gewöhnt, Probleme zu lösen, bei den Leinenhunden sieht das etwas anders. Und nach der Katastrophe gibt es Probleme zuhauf, von der Futtersuche bis zu marodierenden Konkurrenten.
Man taucht flott in die Handlung ein, bekommt ein bisschen was von Lucky erzählt und dann folgt eine Aktion nach der anderen.
Man steigt schnell in die Handlung ein, aber zwischendurch gibt es hier und da ein paar Hänger.
Das Ende ist offen, was ich persönlich nicht gerne mag, da man damit genötigt wird, den nächsten Teil zu kaufen. Ich hatte jetzt das Glück, die beiden ersten Bücher bei einer lovelybooks-Leserunde zu gewinnen, aber generell für ich mich mit so einer Marketingmasche plump manipuliert und es ist vorgekommen, dass ich aus Trost den nächsten Band nicht gekauft habe, wenn er mich nur halb überzeugt hat. Hier wäre ich mir auch nicht sicher, ob ich mit Band II weitergemacht hätte.

Der Schreibstil:
Der Stil ist, der Zielgruppe entsprechend, schnörkellos und recht einfach, mit kurzen Sätzen und irgendwie auch passend für die tierische Sichtweise. Man flippt so durch das Buch hindurch und ich denke, es lässt sich auch sehr gut vorlesen, wenn man kein geübter Vorleser ist.
Dass es sich bei Erin Hunter um ein Autorenkollektiv handelt, wäre mir so nicht aufgefallen.
Die Wortschöpfungen fand ich teils originell, teils habe ich damit etwas gehadert. Warum wird die Nacht »Ohnesonne« genannt (sie ist doch keine Menschenschöpfung), während der Fuchs immer noch ein Fuchs ist? Mit den Begriffen »Kampfhund/Scharfhund« hatte ich Probleme, aber ich wüsste auch nicht, wie man das anders hätte lösen können.
Mir persönlich war der Stil etwas zu »stillos«, da fehlte eine eigene Stimme, vielleicht ein bisschen Humor o.ä. So hat sich der Schreibstil allein durch die Wortneuschöpfungen von anderen Büchern abgehoben.

Die Botschaft:
Zumindest habe ich eine herausgelesen, nein, sogar zwei. Botschaft eins ist der mahnende Zeigefinger an die Menschen, respektvoll mit der Erde und ihrer Schöpfung umzugehen und Empathie für andere Geschöpfe zu entwickeln. Botschaft zwei sagt, dass jeder seinen Platz in der Welt hat und jeder etwas Besonderes, ein Talent, besitzt, dass ihn einzigartig macht. Eine Mutmach-Botschaft für Jüngere also.

Mein Fazit:
So gang gelungen finde ich den Auftakt nicht. Hier und da habe ich mich gelangweilt und mich insgesamt schwergetan, das Buch zu Ende zu bringen. Manche belanglose Szene war mir zu lange. Lucky mochte ich wirklich gerne und die Idee, das Ganze in einem dystopischen Setting unterzubringen und zu sehen, wie (Haus-)Hunde damit klarkommen, finde ich sehr gut. In Band II wird es hoffentlich ein bisschen wilder zugehen.
Für die anvisierte Zielgruppe ist das Buch sicher großartig und leicht zu lesen. Als erwachsener Leser hat man, bedingt durch die Leseerfahrung, immer ein paar Erwartungen, die einem Jugendbuch gegenüber eigentlich unfair sind. Kindern ab 10 Jahren würde ich das Buch uneingeschränkt empfehlen (und habe es auch schon meinem Neffen weiter gereicht). Ob die Kämpfe altersgerecht sind, kann ich nicht beurteilen, aber ich denke, Kinder sind da abgebrühter, als es uns Erwachsenen gefällt, und so richtig schlimm oder brutal fand ich geschilderten Konflikte jetzt nicht. Es ist sicher schön für Kinder, mal in die Sichtweise eines anderen Lebewesens einzutauchen und sich mit Problemen konfrontiert zu sehen, über die man als Mensch gar nicht nachdenkt (was tun, wenn man mit dem Halsband festhängt?).
Band II werde ich jetzt anfangen und hoffe, dass er ein bisschen besser ist als der erste Teil.
Müsste ich Sternchen vergeben, wären es drei von fünf.

Amazon-Link

  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 273 Seiten
  • ISBN: 3407811640
  • Verlag: Beltz & Gelberg; Auflage: 1 (4. März 2014)
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00HG06DXA

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Warenkorb
Nach oben scrollen