So ziemlich jeder Autor, der seine Bücher ausschließlich über Amazon feilbietet, wird früher oder später gefragt: “Sag mal, hasst du mich? Ich habe einen Tolino-Reader (einen Kobo, TrekStor, einen Sony Reader, einen Flux-Kompensator mit integrierter epub-Schnittstelle), aber keinen Kindle. Warum zum Deibl sind deine Bücher nicht bei Thalia, Weltbild oder der Mayerschen erhältlich?”
Dem Autor stehen drei mögliche Antworten zur Auswahl:
1. Ich hasse dich nicht, aber ich habe meine unsterbliche Seele für ein paar Cent an Amazon verscherbelt. Sollte ich es wagen, irgendwo anders meine Bücher feilzubieten, müssen niedliche kleine Katzenbabys sterben und mein Erstgeborenes wird aussehen wie JarJar Bings.
2. Ja, ich hasse dich. Ich wurde früher in der Schule immer von der blöden Maike geschubst und die hat einen epub-Reader. Ich will nicht, dass Maike meine Bücher liest (oder irgendein anderer epub-Leser).
3. Es lohnt sich nicht.
Zu Antwort 3 sagte der epub-Leser dann. “Wieso nicht? Wenn ich und zwanzig weitere Thalia-Kunden dein Buch kaufen, sind das schon mal 21 mehr verkaufte Bücher, als du vorher hattest.”
Stimmt, aber dafür fallen dann möglicherweise 2.100 verliehene Bücher weg und das kann dem Autor Aua machen.
Zur Erläuterung:
Bei Amazon kann der Autor seine Bücher für das Verleihprogramm Kindle Unlimited freigeben. Manche Romane werden eher geliehen als gekauft. Vor allem Vielleser lieben Kindle Unlimited. Der Autor wird am Verleih finanziell beteiligt, zudem werden die beliebtesten Bücher/Autoren von Amazon mit einem Bonus bedacht.
Nachteil: Ist ein Buch in Kindle Unlimited erhältlich, darf es nirgendwo sonst angeboten werden, also auch nicht als epub oder über die eigene Autoren-Webseite.
Die meisten Autoren veröffentlichen ihre Bücher daher logischerweise erst dann über Weltbild, Thalia und co, wenn ihr Unlimited-Exklusivvertrag bei Amazon ausläuft und sie ihn nicht verlängern. Dann fallen halt die Einnahmen durch den Verleih weg. Man hofft natürlich, dass das Buch genügend epub-Leser findet, die diesen Verlust kompensieren. Das kann supergut funktionieren, kann aber auch böse in die Bux gehen.
Nicht selten holen darum viele Autoren ihre Titel später aus den epub-Shops wieder raus und stecken sie reumütig zurück in den Amazon-Verleih.
Auch ich wurde des Öfteren gefragt, ob ich denn die epub-Leser hasse. Daher habe ich vor ein paar Monaten testhalber die drei ersten Bullhead MC-Romane über die Tolino-Allianz veröffentlicht, so dass sie nun überall als epub erhältlich sind, und natürlich auch ein paar schöne Preisaktionen und Werbedingens gestartet, um “Huhu, hier bin ich!” zu rufen. Dafür können sie halt bei Amazon nicht mehr geliehen werden.
Das Ergebnis nach einem Vierteljahr ist schon mal … ernüchternd.
Bislang bietet die Tolino-Allianz keine vergleichbare eBook-Flatrate oder auch nur eine annähernd so große Zahl an Self Publishing Titeln wie der US-Konkurrent, somit lockt sie auch erheblich weniger Leser an. Vor allem für die großen Namen unter den Indie-Autoren lohnt sich die Abkehr von der Kindle-Exklusivität daher überhaupt nicht.
Ohne Amazon, den großen bösen Todesstern in der eBook-Galaxis, stünde es ums Self Publishing ziemlich schlecht. Ich weiß nicht, ob es z.B. Poppy J. Anderson, Nele Neuhaus oder E.L. James geben würde (mich jedenfalls ganz bestimmt nicht).
Aber möglicherweise sieht der Markt in ein paar Jahren ja ganz anders aus und man findet Self Publishing-Titel einträchtig neben Verlagsbüchern in allen Shops und Buchhandlungen.
epub-Leser müssen dennoch grundsätzlich nicht in die Röhre schauen. Bei Amazon gekaufte Bücher kann man nämlich auf jedem beliebigen Endgerät lesen. Ein mobi-eBook in ein epub oder PDF umzuwandeln, funktioniert ganz einfach mit dem kostenlosen Programm Calibre oder (ebenfalls kostenlos und ganz easy) übers Internet. Einfach nach “mobi in epub umwandeln” googlen!
Das Umwandeln eines gekauften eBooks ist übrigens legal, nur weitergegeben werden darf es natürlich nicht.